Der Nebel schluckt die Konturen der Welt. Ich stehe hier, am Rand des Rio de la Veste, und atme die feuchte, salzige Kälte ein, die nach altem Stein und schlafendem Wasser riecht. Es ist ein Geruch, der in die Knochen kriecht und gleichzeitig die Seele beruhigt.
Das Licht ist nicht von dieser Welt. Es ist ein gedämpftes, goldenes Leuchten, das aus den Fenstern der alten Palazzi auf der gegenüberliegenden Seite sickert. Jedes Fenster ist ein kleines, warmes Versprechen in dieser grauen, undurchdringlichen Dämmerung. Ich sehe die Reflexionen, nicht scharf, sondern wie zerrissene, flackernde Fäden von Bernstein und Safran, die auf der Oberfläche des Kanals tanzen. Das Wasser ist so still, so ölig und dunkelgrün, dass es fast wie ein Spiegel wirkt, der die Welt nur unvollkommen, traumhaft wiedergibt.
Rechts von mir, unter dem schweren, schmiedeeisernen Vordach, das die Porta d’acqua des Theaters La Fenice schützt, brennt eine einzelne Lampe. Ihr Schein ist stärker, er kämpft sich durch die dicke Luft und wirft ein Netz aus filigranen Schatten auf den nassen Stein. Es ist die Bühne für ein unsichtbares Drama, ein Ort, an dem Gondeln die großen Damen und Herren nach der Oper absetzen. Jetzt liegt nur ein einzelnes, dunkles Boot da, wie ein wartender Schatten, seine Linien verschwimmen im Dunst. Es ist leer, aber es strahlt eine stille Erwartung aus.
Ich höre nichts als das leise, unregelmäßige Tropfen von Kondenswasser, das von der Markise fällt, und das ferne, gedämpfte Schlagen einer Glocke, das sich im Nebel verliert. Es ist die Stille, die ich suche. Eine Stille, die nicht leer ist, sondern gefüllt mit der Geschichte dieser Stadt, mit den unausgesprochenen Geheimnissen hinter jedem Fenster.
Meine Fingerkuppen streichen über den kühlen, feuchten Marmor der Kaimauer. Ich bin nur ein Atemzug in diesem Moment, eine Beobachterin, die die Magie des Unsichtbaren festhält. Die Welt ist auf ein paar Meter reduziert, auf dieses warme, neblige Gold und das tiefe, melancholische Grün des Wassers. Es ist, als würde die Stadt flüstern, und nur ich höre zu. In dieser Einsamkeit, in dieser feuchten, goldenen Melancholie, finde ich eine vollkommene, schmerzhaft schöne Ruhe. Es ist mein Venedig, das sich nur mir in diesem stillen, nebligen Augenblick offenbart.
